Samstag, 27. Dezember 2014

Alles Gute zu den Feiertagen und den 12 Raunächten


Eine alte Freundin schenkte mir vor Jahren ein selbst gebasteltes Buch zu Weihnachten. Sie hat darin alte Bräuche aus Bayern und Österreich zu "den Zwölfen" gesammelt und aufgeschrieben. Es sind die Nächte zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar. In manchen Gegenden werden die Rauhnächte schon ab dem 21. Dezember, dem Tag der Wintersonnwend gefeiert.
Die dunkelsten Tage des Jahres werden auch heute noch von magischen Gebräuchen umrankt bewusst oder unbewusst. Denken wir nur an all die vielen Lichterketten, Weihnachtsbäume, all die leuchtenden Sterne, Rentiere, Weihnachtsmänner die Häuser und Gärten schmücken.  Die Wiedergeburt des Lichtes, der Fortgang des Lebens, das sich Abgrenzen von dunklen Mächten war und ist ein Grundbedürfnis der Menschen hier in Europa und Nordamerika in dieser besonderen Zeit.

  • 25. Dezember, Christtag
Im Chiemgau bemühten sich die Menschen möglichst drei Messopfern beizuwohnen. Dem Kirchenbesuch folgte ein festliches Mahl mit Schweinsbraten. Ärmere Familien, die selbst kein Schwein schlachten konnten, taten sich zusammen und schlachteten zum gemeinsamen Verzehr eine Kuh.
  • 26. Dezember, Stephans-Tag
Dieser Tag, dem Hl. Stephanus geweiht, galt einst als großer Pferde-Tag mit Pferde-Umritten und Pferde-Weihen, Erinnerung an die Schimmelopfer zur germanischen Julzeit.
  • 27. Dezember, Johann der Evangelist
Früher reichte der Priester am Johannistag am Ende des Gottesdienstes den Kirchenbesuchern einen Kelch mit Wein, dem Johannistrunk. So wie der Giftbecher dem hl. Johannes keinen Schaden brachte, so soll der Johannistrunk, jedem der ihn zu sich nahm, das Jahr über vor schädlichen Einflüssen, bösem Zauber und Blitzschlag schützen.
  • 28.Dezember, Tag der unschuldigen Kinder
Im Bayrischen suchten an diesem Tag die Dorfburschen mit einem Zweig, möglichst von einem immer grünen Baum, allen jungen, weiblichen Wesen, denen sie begegneten, an die Beine zu schlagen. Dies nannte man das "Kindeln". Es ging dabei um einen alten, germanischen Fruchtbarkeitszauber. Man glaubte, die dem Zweig inne wohnende, treibende Kraft auf die Person zu übertragen, die man damit berührte.

  • 29. Dezember, fünfte Rauhnacht, die Nacht der wilden Jagd
Nach alt-germanischem Glauben stürmt in dieser Nacht am Himmel die wilde Jagd durch die Nacht. Angeführt von Wotan, der einen Schimmel reitet, folgt ihm das Heer der Toten, gefolgt von den Unholden und Nachtalben. Wer das "wuide Gjagd" über sich hinwegbrausen fühlt, muss sich auf den Boden werfen, das Gesicht der Erde zugekehrt, die Arme kreuzweise hinter dem Kopf verschränken und die Beine kreuz-artig übereinander schlagen - so kann er/sie sich retten (wovor auch immer).

  • 30. Dezember, sechste Rauhnacht, die Percht geht um
Haus und Hof müssen jetzt aufgeräumt sein. Es dürfen keine Gerätschaften im Freien herumstehen, alles muss unter Dach und Fach sein. Frau Percht, oft als Wotans Frau gedeutet, schaut nach liederlichen Frauen und unguten Kindern. Frauen dürfen an diesem Tag das Haus nicht verlassen. Noch um 1900 hätte ein Mädchen an diesem Tag seinen Liebsten, der zum "Kammerfensterln" kam, das Fenster nicht geöffnet.
  • 31. Dezember, Silvester
Um 1900 war es zwischen Salzach und Inn noch Brauch in der Silvesternacht Brot und Salz für das junge Jahr auf den Tisch zu legen. Oft lag neben dem Brot auch ein Messer, als Aufforderung an die guten Hausgeister zu essen, sich wohl zu fühlen und zu bleiben. Außerdem wurde die Haustüre in dieser Nacht dem alten Jahr zum Fortgehen weit geöffnet.
  • 1. Januar, Neujahr
Im Chiemgau ging es beim Neujahrswünschen darum, dem anderen das neue Jahr abzugewinnen. Es kam bei einer Begegnung darauf an, als erster zu sprechen, dann hatte man das neue Jahr gewonnen. Es gab auch das "Krageln", eine etwas heftiger und fragwürdiger Glückwunsch-Brauch. Der "Glücksbringer" schlicht sich von hinten an, umschloss mit beiden Händen den Hals des Anderen und drückte immer fester zu. "Was gibst mir, wenn ich Dir Glück wünsche?" sagte er dabei...
  • 2. Januar, die neunte Rauhnacht
Jede Tätigkeit, die eine Drehbewegung voraussetzte, war an diesem Tag verboten. Keine Spule, kein Spinnrad durfte sich bewegen, kein Bauer drosch Korn, denn er hätte dabei mit dem Dreschflegel kreisend Schwung holen müssen. Es durfte mit dem Schlitten ausgefahren werden - aber nicht mit dem Wagen.
  • 3. Januar, die zehnte Rauhnacht
Wer sich am heutigen Tag auf einen Tisch setzt, bekommt einen Furunkel.
  • 4. Januar, die elfte Rauhnacht

Mit dem Gebetläuten am Abend musste jede Tätigkeit im Hause ruhen. Kühe durften nicht mehr gemolken werden, da die Milch sonst der Hexe gehört. Kein Kartenspiel durfte angerührt werden. Alles "Unerlöste" war jetzt zur Fahrt auf die Erde losgelassen.

  • 5. Januar, die zwölfte und letzte Rauhnacht
Nur Weihrauchduft oder das Andreaskreuz an der Haustüre konnte in dieser Nacht die bösen Geister, die Hexen, die Unholde abhalten.

In der alte Zeit ruhte in den "Wihe-Nächten", wie die Rauhnächte auch genannt wurden, jede Fehde und es durfte nicht Gericht gehalten werden. Wer an die Tür klopfte, dem wurde geöffnet, denn in diesen Tagen weilten die Himmlischen unter den Irdischen

In allen zwölf Rauhnächten wurde kein Brot gebacken, denn es hätte nicht gesättigt. Niemand wusch in diesen Tagen Wäsche, noch wurde Wäsche über den Zaun gehängt - sonst kam die Percht und holte im kommenden Jahr  jemanden aus der Familie ins Seelenreich.
Diese zwölf Nächte erfüllte die Menschen der alten Zeit mit Angst und zugleich mit Hoffnung: Die Fluren über die das Geisterheer, die wilde Jagd hinweg fuhr, wird im neuen Jahr reiche Ernte bringen...

Und hier meine Lieblingsgeschichte aus keltischer Zeit:
Drei Tage vor der Wintersonnwend, also am 18., 19. und 20 Dezember, fasteten alle Menschen, so geht jedenfalls die Sage. Sie wollten sich leicht machen, damit sich die Erde wieder der Sonne zuwenden kann.
Am 21. Dezember versammelten sie sich vor einer Höhle, von der bekannt war, dass am Mittag die Sonne ihre schwachen Strahlen auf den Höhleneingang fallen lässt. Zu diesem Zeitpunkt tritt eine junge Frau aus der Höhle mit einem Säugling auf dem Arm, dem Urbild für junges Leben.

Und wusstet ihr, dass jetzt in dieser dunklen Zeit, die wilden Früchte des Waldes, wie Eicheln, Haselnüsse, Bucheckern zu keimen beginnen - junges Leben zu pulsen beginnt?

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen einen guten Jahresabschluss mit Zeit für Waldspaziergänge, Zeit für Seele und Gedanken baumeln lassen, Zeit um Neues und Junges ins eigene Leben einzuladen.

Montag, 1. Dezember 2014

Am Fenster


Herbstgarten – die Blätter des Haselstrauches liegen wie Golddukaten im noch grünen Gras, darunter verborgen viele, viele Haselnüsse. „Unser“ Buntspecht weiß das, besucht uns regelmäßig in den kurzen Herbst- und Wintertagen, um seinen Speiseplan damit zu füllen. Am nahe stehenden Birnbaum hat er im Stamm ein praktisches Astloch gefunden, musste sich nicht selbst bemühen. Hier wird die Nuss eingeklemmt, mit gezielten Schnabelhieben, Geräusche wie ein Schlagbohrer, geknackt. So geht dies Tagein, Tagaus und langsam wächst das Nussschalenhäufchen unterm Baum zu einem kleinen Berg.
Auch heute nutze ich die Zeit zwischen zwei Patienten, stehe am Fenster, beobachte Rotkäppchen, wie ich unseren Specht getauft habe. 
Und da kommt sie. Ein großer schwarzer Schatten, fliegt zielsicher das Fußende des Birnbaumes an, plustert sich zur vollen Größe auf – die Elster. Rotkäppchen fliegt erschrocken in die Baumkrone und von dort aus in den großen Haselstrauch, verbirgt sich unter den letzten, noch dünn belaubten Zweigen.
Elster klettert den Birnbaumstamm hoch – wusste gar nicht, dass Elstern dies können - zielsicher zum Nussknackerloch, stibitzt sich die geknackte Nuss, und verschwindet in Nachbars Garten. Ein kurzes heißeres Keckern: „Und wann knackst Du die nächste Nuss?“ und das kurze Herbst-Schauspiel ist vorbei.

Es läutet – ich öffne dem nächsten Patienten die Türe….

Samstag, 8. November 2014

Randnotiz: High-end

Jenseits moralischer Wertung kann man den Begriff „Ehrlichkeit“ auch nur im Sinne von „zutreffend“ oder „den Tatsachen entsprechend“ begreifen. Es gibt Situationen, ein Wort, ein Bild da habe ich das Gefühl, dass sich der Schleier der Illusion hebt. Ein Augenblick, in dem jedes Wort der Erklärung eines zu viel wäre: Schein und Sein sind eins. Das verstehe ich unter Ehrlichkeit, auch und gerade dann wenn es absurd scheint.
Aus unserem Urlaub gibt es einen Post in diesem Blog, der von unseren Eindrücken auf dem monumentalen Friedhof der Certosa in Bologna handelt. Es ging um ein Begräbnis, dem seltsam profanen Ablauf einer Bestattung in einer pompösen Marmorgruft einerseits. Andererseits um die ergreifende und wortlose Trauer eines auffällig gekleideten Mannes an einem ärmlichen Kindergrab. Es gibt die Redensart, dass der Tod ehrlich macht und hier hatte ich dieses Gefühl: Ja, genau so ist es.


Wir leben in Bayern und hier gibt es einige Flecken, die sehen tatsächlich so aus wie Kitschpostkarten oder eine jener idealen Landschaften, die bei Malern der Romantik so beliebt waren. Die Begräbnisse, die ich in Bayern erlebt habe, hatten allesamt etwas Barockes an sich. Einmal, im Oberland, die Garmischer Berge am Horizont eines königsblauen Januartages, wähnte ich mich Komparse in einem Heimatfilm – Böllerschüsse mit fernem Echo inklusive. Aber es gab keine Kameras und der Tote war wirklich tot. Ein anderes Mal fand ich mich in einer Kirche wieder, deren äußere Schlichtheit nicht den mit Malerei und Goldstuck aufwendig dekorierten Innenraum verriet. Der huldvolle Nachruf des Priesters auf den Verstorbenen lies mich zweifeln, ob ich auf der richtigen Beerdigung war. Ich hatte mit den Verstorbenen viele Jahre zu tun und nichts von dem, was ich an ihm schätzte, war in der Rede vorgekommen. Unter all dem Goldstuck hatte ich ihn nicht wieder erkannt.


Apropos Goldstuck: Eine der prächtigsten Barockkirchen in unserer Gegend ist die des Kosters Andechs. An einem dieser sonnigen Herbsttage gingen wir mit einer alten Freundin in der Gegend spazieren. Es stellte sich heraus, dass die weitgereiste Frau schon so ziemlich überall war, nur nicht in Andechs. Also nichts wie hin und rein – aber halt: nach dem Spaziergang erst in die Schwemme und der Dehydrierung abhelfen. Dort treffen wir eine andere alte Freundin. Die erzählt von ihrem Lieblingsort in der Kirche, den wir nicht kannten: die Marienkapelle an der Klosterpforte. Hier einer der prächtigsten Kirchenräume des Barocks, da eine rußgeschwärzte Kapelle voller Opferkerzen. Und da war er wieder, dieser Effekt: hier Fassade, da Ehrlichkeit.



Und dann gab es auch noch diese absurde Note: In einer weiteren, schlichten Seitenkappelle des barocken Kirchenraumes ist das schlichte Grab von Carl Orff. Die Grabinschrift lautet: Summus finis. Sollte der Latein-Leistungskurs schon eine Weile her sein, hilft Google mit dieser Übersetzung: „high-end“
 (dc)

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Seminare, Seminare, Seminare...

Wow, es ist ein ganzer Monat vergangen seit meines letzen Blogeintrag.
Christina, wohin bist du abgetaucht? Schon wieder Urlaub? Angesteckt bei der traditionellen Erkältungswelle im Großraum München in der Nach-Wiesn-Zeit? Verlockende Bergtouren in der goldenen Oktobersonne unter Föhn-blauem Himmel?
Nichts von allem - es war der Monat der Seminare  hier in meiner Türkenfelder Praxis:
Die Psychosomatische Umstimmungstherapie - Teil 2; der neu renovierte Frauensalon; die 14 Nothelfer der komplimentären Sterbe-und Trauerbegleitung und ein Wochenende frei für Geburtstag feiern.
Es waren schöne Tage mit Euch teilnehmenden Frauen, so viel interessanter Wissensaustausch, so viele Anregungen und kreative Ideen.
Bei der "Seminarnachlese" schmunzle ich auch dieses Mal wieder. Denn ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Hauptgrund der Seminarteilnahme in der Mozartstraße Türkenfeld die Seminarthemen sind, oder Donatos gute Verpflegung.
Jedenfalls schreibe ich hier die meist gewünschten Rezepte auf, Nachahmung sehr empfehlenswert und total einfach:
1. Die mega-aromatische Pfeffermischung, die jedes herzhafte Gericht leichter verdauen lässt:
Mische zu ungefähr gleichen Teilen folgende 5 Pfeffersorten:
  • Schwarzer Pfeffer 
  • grüner Pfeffer
  •  Kubebenpfeffer
  • Langpfeffer
  • Piment

Kaufe diese Pfeffersorten als ganze Körner und mahle sie in einer elektrischen Kaffeemühle, die Du nur zum Gewürzemahlen verwendest. Gebe diese Pfeffermischung in ein gut schließendes Schraubglas. Verwende sie zügig, denn je frischer gemahlen, desto intensiver das Aroma.

2. Spinatcurry mit Schafkäse (Menge reicht für 3-4 Personen):

  • 1 Essl. Ghee (ayurvedisches Butterfett) in einem Topf zum Schmelzen bringen und darinnen folgende Gewürze kurz anrösten:
  • 1/2 Teel. Curcuma (Gelbwurz)
  • 1/4 Teel. Asa foetida (erhälst Du in Asienläden oder in sehr reiner Form bei der Bahnhofapotheke Kempten - bestes Darmheilmittel)
  • 1 Essl. frischer, fein gehackter Ingwer
  • 1/4 Teel. Muskatnuß gemahlen
  • 1/2 Teel. Pfeffermischung siehe oben
  • 1/2 Teel Kreuzkümmel
  • Salz nach Geschmack

Eine Packung tiefgekühlter Blattspinat wird, am besten gut angetaut, in das heiße Fett gegeben, Deckel zu und bei kleinster Flamme den Spinat ganz auftauen und mit den Gewürzen vermischen. Meist ist die Zugabe von zusätzliches Wasser nicht erforderlich.
Kurz vor Ende der Garzeit (ca 10 Minuten) in Würfel geschnittenen Schaf-Frischkäse (Manouri schmeckt mir persönlich am besten) auf den Spinat legen und mit anwärmen. Fertig!

3. Schnelles Tomatencurry ((Menge reicht für 3 Personen)
Eine große Dose ganze Bio-Tomaten (diese sind einfach am aromatischsten) öffnen, die ganzen Tomaten vierteln und in einem Sieb ca 1 Stunde abtropfen lassen (Saft eignet sich sehr gut für Tomatensuppe oder zum Angießen eines Tomatenrisottos).
In einen Topf gibst Du:

  • 1 Essl. Ghee und folgende Gewürze:
  • 1/2 Teel. Curcuma
  • 1/4 Teel. Asa foetida,
  • 1/2 Teel. gemahlenen Ingwer
  • 1/2 Teel. Galgant
  • 1/2 Teel. "Mega-Pfeffermischung"
  • Salz nach Geschmack

Gewürze kurz im heißen Fett anrösten und sofort die abgetropften Tomaten unterrühren. 10 Minuten köcheln lassen. In der Zwischenzeit einen Bund frischen Koriander waschen und die Blättchen von den Stielen zupfen. Kurz vor Ende der Garzeit über die Tomaten streuen und vor dem Servieren unterrühren.

Wenn Du dazu weißen Basmatireis reichst, dann feiern Deine Augen Globalisierung: Italy meets India!

Leider was das Essen während des Seminarmittags so schnell "verdampft", dass es zu keinem Foto kam. So sende ich Euch heute einen letzten Rosengruß aus unserem Garten und verabschiede mich in diesen für heute. Er will zur Winterruhe gebettet werden.



Dienstag, 30. September 2014

Der Alltag hat mich wieder

Was beruhigend ist: nach einem wunderschönen Urlaub kam keine Langeweile auf, als ich wieder eintauchte in den Alltag.


Vergangene Woche waren Donato und ich zur letzten Soluna-Vortragsreise für 2014 in Kempten-Überlingen-Freiburg unterwegs. Ein schöner und intensiver Abschluss. Goldene Herbsttage waren ein Genuss für alle Sinne.

Ganz besonders möchte ich allen, die Freiburg noch nicht kennen, empfehlen, diese grüne Stadt zu besuchen. Es ist ein besonderes Erlebnis durch eine Innenstadt zu laufen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Wenig Autos, dafür Radfahrer in der Menge. Zunächst Irritation meinerseits, Gefühl immer diesen flitzenden Zweirädrigen ausweichen zu müssen, dann jedoch feststellen dürfen, dass es ein gut eingespieltes Nebeneinander zwischen Fußgängern, Kinderwagen-Schiebende, Rollstuhlfahrern und eben diesen flinken Drahtesel-Treibern gibt. Am Rande zur Innenstadt gibt es auch richtige Parkhäuser für Fahrräder und Fahrrad-Verleihstationen. Die hier im Bild trägt eine runde Scheibe auf dem Dach. Eine riesige Antenne? Für den Kontakt zu den grünen Männchen vom Mars? Nein, Sonnenkollektoren um die E-Bikes zu laden!


Der Samstag-Markt am Dom, hier werden ausschließlich Produkte aus der Region verkauft - war ein Genuss für alle Sinne. Die freundliche Dame an der Rezeption erklärte uns den Weg zum Markt am Münster und sprach mit verklärtem Blick von ihrer persönlichen Hauptattraktion: Käsekuchen! Von Stefan! Der verkauft im Schatten des Münsters - des Stefan-Münsters wohlgemerkt - den weltbesten Käsekuchen. Sagte sie.

Ein kleines gelbes Zelt am Rande des Marktes, auf dem Dach steht deutlich der Name, davor eine Warteschlange - alle wollen den Weltbesten! Die Kuchen werden in verschiedenen Größen, mit Kirschen, mit Mohn oder pur, gut verpackt - sie können ohne weiteres auf die Reise mitgenommen werden - in Windeseile und dennoch freundlich verkauft.

Und was soll ich sagen - das Frühstück am darauf folgenden Sonntag morgen, Cappuccino und weltbester Käsekuchen,  war ein Highlight. Dann raus in die Natur und  alle Anstrengungen der Vortragsreise sind vergessen.





Dienstag, 9. September 2014

Kennst du den Duft der Toskana?

Der letzte Tag unserer Ferien in der Toskana - und gestern Abend schenkte sie uns ihren Duft.
Es war ein strahlender Tag, die Straßen nach Saturnia staubig, die Schwefelquelle extra heiß. Auf der Rückfahrt dann diese große innere Ruhe, die ich immer spüre nach viel stündigem Plantschen in Termalwasser. Der Rücken, der Nacken - alle Muskeln vollkommen entspannt, Natur-Massage unter kleinen Wasserfällen, Saturn hat ordentlich zugegriffen.

Im Urlaubzuhause angekommen, werden alle Handtücher, Badezeug, Kleidung in die Waschmaschine gesteckt - für heute endgültig genug Sulfur geschnuppert. Es donnert - die Spätnachmittagsonne scheint unverwandt, eine einzelne schwarze Wolke kriecht über den Apennin. Und dann ein Regenguss - wie in den Tropen. Donato genießt den Spektakel im Haus-eigenen Swimmingpool.

Eine große Kanne Tee - wir sitzen auf der Regen-geschützten Terasse, schauen der untergehenden Sonne zu. Ihre letzten Strahlen verschwinden, Nebel steigt aus der Talsohle auf, dehnt sich lang, wie Rauchfahnen bildend, dem kleinen Flusstal entlang. Unwillkürlich beginnen wir zu schnuppern. Ist da ein Bauer, der feuchtes, altes Stroh verbrennt? Wir haben es hier schon erlebt, dass ganze Ortsteile in beißenden Rauch eingehüllt werden und die Quelle ein emsiger Bauer ist, der unbrauchbares, feuchtes Stroh verbrennt.

Doch das, was uns die Abendluft jetzt zuträgt, hat nichts beißendes, ist kein Rauchgeruch. Balsamische Düfte beginnen uns einzuhüllen. Weihrauch? Kann nicht sein, es ist Montagabend und kein großer Heiliger besteht auf Feierlichkeiten. Wir stehen auf, gehen umher - bei den Zypressen riecht es besonders deutlich. Das Harz der Bäume mischt sich mit der feucht-warmen Regenluft, verbindet sich mit den Ausdünstungen von Rosmarin, Lavendel und Salbei. Und da ist noch ein unbekannter Strauch mit kleinen weißen Blüten. Kein Jasmin - aber dessen Duft sehr ähnlich und ebenfalls Blüten, die nachts zu duften beginnen. Vollmond-Nacht und wir sitzen in einer riesigen Duftlampe. Der Hund unserer Vermieterin besucht uns, legt sich unter den Tisch, genießt mit uns die Abendstille, lässt sich nochmals zur guten Nacht kraulen und verschwindet wieder.

Bilder der letzten Tage ziehen an uns vorüber:
Monte Amiata, höchster Berg der südlichen Toskana (1738 m um genau zu sein), ein erloschener Vulkanberg, der die Feuchte des Meeres kondensieren lässt und Ursprung vieler kleiner Flüsse ist. Hephaistos hütet noch immer in seinem Inneren das Feuer. Davon zeugen die sulfurischen Termalwasser von Saturnia, San Filippo und anderen kleinen, heißen Quellen rund um den Berg. Eichen, Kastanien, Kiefern und Weißtannen, zum Teil dicht überwuchert von wilder Clematis und Efeu, geben hier Wölfen, Schlangen, Adlern und Geiern ein geschütztes Zuhause. 

Und dann der Skulpturengarten von Daniel Spoerri und Künstlerkollegen - ein 16 Hektar großes Areal das sich über einen der unteren Hügel des Monte Amiata zieht. Skulpturen, dominant erhebend über Trockengrashügel, versteckt hinter alten Olivenbäumen, eingebettet in Buschgruppen, umwuchert von Brombeersträuchern und wildem Wein - Vorsicht beim näheren Bewundern - es könnten Schlangen in der Buschgruppe sein -so die Warntafeln!

Und dann: ein Hügel, gänzlich überwuchert mit Kräutern der Toskana, duftend in der Nachmittagssonne, an dessen Spitze sich, laut Spoerri, der Nabel der Welt befindet, umgeben von neun bronzenen Einhorn-Skelettschädeln. Hier stehe ich lange, lasse die weich schwingende Landschaft tief in mein Herz sinken: kleine Orte auf Hügelspitzen, silbrig-grüne Olivenhaine, brauner Ackerboden, immer wieder strukturierende Zypressenreihen...

Du bekommst Lust auf Toskana? Du hast recht - packe Rucksack oder Koffer und komme. Lass Dir Zeit für die Anfahrt - es liegt so viel Schönes auf dem Weg hier her, versuche zu reisen und jeden Augenblick, auch die lange Anfahrt, zu genießen. 

Unser Ferindomizil  Spazzavento Guest House in Seggiano, können wir wärmstens weiter empfehlen:
Alles Nähere unter:
http://www.fewo-direkt.de/ferienwohnung-ferienhaus/p12817

Und hier noch eine Adressen für Liebhaber/innen von handgefertigten Köstlichkeiten aus Ziegenmilch, wie Yoghurt, Käse aller Altersstufen, Mürbteigkeksen (Hmmmm) oder köstlichem Honig von Erikablüten:
Azienda Agricola: Le Quercette, Locnda Titena 9, 58038 Seggiano (Grosetto)

Es gäbe noch so viel erzählend zu schreiben - habt Nachsicht mit mir - ich will jetzt in die Sonne und den letzten Nachmittag auf dem Amiata genießen.
Ciao, morgen geht es ans Meer nach Caorle.



Sonntag, 7. September 2014

Grüße aus Italien

Auch von Türkenfeld aus ist der Weg in die südliche Toskana weit. Wir haben Urlaub und uns entschlossen, es langsam angehen zu lassen. Welch weise Voraussicht. Das Jahr 2014 scheint für uns das Jahr der Staus zu sein. Aufstöhnen nicht erforderlich - es kommt jetzt keine neue Stauerparty-Geschichte! Aber 10 Stunden Fahrt für die ersten 350 km zur Familie in Norditalien - das war heftig.
Der zweite Fahrtabschnitt lässt sich deutlich entspannter an. Ziel: Bologna, eine Industriestadt der südlichen Poebene, so war sie bei mir bisher gespeichert.



Wir machen hier nicht Station um Sauce Bolognese original zu testen, wir kommen, um uns den Friedhof der Certosa anzuschauen. Ein gruseliges Ferienprojekt? Keineswegs - Cimitero monumentale della Certosa di Bolognia - so Wort-gewaltig wie die Beschreibung dieses wahrhaft großen Friedhofs, so gewaltig die Architektur der einzelnen Familiengruften. Alles was in Bologna Rang und Nahmen hat und hatte, legt Wert darauf, hier beerdigt zu werden. Eine Ansammlung feinster Steinmetzarbeit aus zwei Jahrhunderten, heute auch genutzt für Musikaufnahmen und Sightseeingtours für Touristen.



Wir verzichten auf letzteres und machen uns an einem bewölkten Vormittag, scheinbar alleine, im großen Gelände auf Entdeckungstour. Dabei durften wir eine Beerdigung in vivo miterleben.
Zunächst sehen wir eine Gruppe Friedhofarbeiter. Grün gekleidet, mit Handschuhen und Haarschutz erinnern sie ein wenig an die Besatzung von Operationssälen. Sie bewegen ein hohes Stahlgerüst auf Rollen und fahren allerlei Gerätschaften in einem Miniauto auf den Wegen zwischen den Gräbern auf ein monumentales Marmorgrab zu. Diagonal von der anderen Seite kommt ein größerer Wagen über die Wege gefahren. Wir stehen dazwischen, versuchen uns unsichtbar zu machen im Schatten eines alten Olivenbaumes. Dann hält der größere Wagen an. Drei Grün-Gekleidete springen heraus und heben aus dem Fond einen Sarg auf einen Schubkarren-ähnlichen Wagen, den sie Richtung Stahlgestell ziehen. Wie beiläufig formiert sich hinter dem Sarg ein Grüppchen Menschen, in Alltagskleidung: Jeans, Polo, Sonnenbrille, als letzter ein blasser Herr mit zerknitterter, beiger Regenjacke, ein großes Buch unter den Arm geklemmt. Der Priester? schießt es mir durch den Kopf, aber das kann doch nicht sein... In der Zwischenzeit haben die Grünen mit Hilfe des Stahlgestells eine riesige (monumentale!) Grabplatte weg gehoben. Jetzt wird der Sarg am Gestell aufgehängt. Kaum hat sich die kleine Gruppe Menschen an dem geöffneten Grab eingefunden, wird beerdigt, sprich der Sarg in die Gruft hinunter gelassen. Der blasse Herr hat gerade noch Zeit aus seiner Aktentasche die violette Stola um den Hals zu legen, das Buch aufzuschlagen, Text verlesen - da ist das Begräbnis auch schon zu Ende.
Wir sind betreten und sagen uns, dass die offizielle Trauerfeier wahrscheinlich wo anders stattgefunden hat, dies wohl der letzte Akt im engsten Familienkreis war.
Wir finden zwei kleine Gräber, die mich ungemein berühren. Alte Gräber, winzige Grabsteine, die Aufschriften kaum lesbar unter Rosmarin, Salbei, Oliven- und Lorbeerbaum. Die Bäume sind kräftig, wachsen direkt aus dem Grab von  vor fast hundert Jahren verstorbenen Geistlichen heraus, pulsierendes Pflanzenleben auf kleinstem Grund.



Dann die Kindergräber, die meisten nur angedeutet mit einer kleinen Namenstafel, einige geschmückt mit Spielsachen, ausgewaschen von Regen und Sonne... Eines jedoch ist monumental - ein riesiges Puppenhaus über und über angefüllt und umstellt mit allem, was trauernde Eltern sich für ihr Kind gewünscht haben - Schmerz manifestiert in grellbuntem Plastikspielzeug.




Ein Schatten huscht an uns vorbei - "Scusi", auf dem engen Weg schlängelt sich ein zum Skelett abgemagerter Punk an uns vorbei. Ärmellose Lederweste auf nacktem Oberkörper, Stachelarmbänder, viele Tätowierungen... Er kniet an einem farblosen, kleinen Kindergrab nieder, reißt unwillkommene Wildblumen aus, ordnet - ordnet seinen Schmerz, der für uns so stark spürbar wird, dass es uns die Tränen in die Augen treibt. Was hätten wir von ihm gedacht, wenn er uns irgendwo in der Stadt begegnet wäre?

Erstmals bin ich dankbar, ein GPS zur Verfügung zu haben. Zwei Stunden umherstreifen in immer neuen Gängen, Abschnitten, Rondells lässt das Gefühl aufkommen, den Ausgang nicht mehr zu finden - 

- für immer zwischen überlebensgroßen Engelstatuen, Heiligen, Löwen und langen, in Stein gemeißelten Abschiedsgrüßen, herum zu irren, nicht mehr den Weg zurück ins pulsende Leben zu finden.

Bologna von einer anderen Seite - wir verlassen die Stadt mit den zwei schiefen Geschlechtertürmen, der prachtvollen Altstadt, den bunten Geschäften, den herrlichen Eisdielen mit tief berührenden Bildern im Herzen. Ciau - wir waren nicht zum letzten Mal hier!



Fortsetzung aus der Toskana folgt, sobald ich herrliche Urlaub-Langeweile verspüre!

Freitag, 22. August 2014

Randnotiz: Rosenheim

Mitten in Rosenheim gibt es einen Lokschuppen. Lokomotiven, das liegt in ihrer Natur, sind groß, schwer und brauchen viel Platz. Dieser Schuppen ist also groß, zumal er ja nicht nur für eine Lokomotive Platz bietet, sondern für mehrere, und er liegt am Bahnhof, damit die Loks es nicht allzu weit zur Arbeit haben. Lokomotiven waren in ihrer Anfangszeit etwas kurzatmig und mussten auf längeren Strecken ausgetauscht werden, Rosenheim war so ein Ort, wo das geschah.

Mit der Zeit entwickelten die Loks mehr Ausdauer und der Lokschuppen stand plötzlich dort, wo er nicht mehr gebraucht wurde. Pfiffig wie man in diesem Teil des Landes nun einmal ist, fand man rasch eine neue, lohnende Verwendung für das stattliche Gebäude. Und das kann nur heißen: eine Kneipe. Natürlich nicht einfach so eine Kneipe. Diese Kneipe heißt Café Lok und hat ein angeschlossenes Ausstellungszentrum. Die Ausstellungen, die dort stattfinden sind so erfolgreich, dass in jüngerer Zeit der Eindruck entstanden ist, der Lokschuppen wäre ein Ausstellungszentrum mit angeschlossenem Café.
Dieser Tage stehen scherenschnittartige Lamas in poppigen Farben vor dem Gebäude und die Wände sind mit geometrischen Ornamenten verziert. Im erwähnten Café gibt es Gerichte mit peruanischen Einschlag und die dazu gehörige Ausstellung zeigt Exponate aus der Inka-Kultur. Überhaupt die Inkas: eine rätselhafte, hochentwickelte Kultur mit erstaunlichen Errungenschaften und seltsamen Bräuchen, aber davon soll hier nicht die Rede sein. Obwohl: dass die Inkas etwa 4000 Sorten Kartoffeln kannten, kann man nicht einfach so unter den Tisch fallen lassen. Was auch heute zuweilen noch Verwirrung stiftet ist die Bezeichnung Lama: was anderenorts einen buddhistischen Mönch bezeichnet, steht in Südamerika für ein dem Kamel verwandtes Tier. Andererseits: in Peru schreiben sie das Tier „Llama“, aber wie spricht man einen Doppelkonsonaten am Wortanfang?  Also schreibt man hier „Lama“. Von diesen Tieren gab es große Herden und sie wurden nicht nur als Lasttiere verwendet. In europäischen Zoos haben sich Lamas dank einer Eigenart einen gewissen Respekt erarbeitet: sie können weit und zielsicher Magensäure spucken - wenn man ihnen auf die Nerven geht. Allerdings nur die Mädels, die Buben haben große Hauer und beißen lieber. So kommt es, dass man den Buben die Zähne absägt und die Mädels in Ruhe lässt.

Ausstellungen sind dafür gemacht, große Mengen von Menschen anzuziehen. Wir erinnern uns: das Café soll Umsatz machen. Besonders in den letzten Tagen vor den Schulferien sind Schulausflüge sehr beliebt und so kommt eines zum anderen: Schulklassen in Ausstellungen und dann hoffentlich im Café. So weit so gut.
An einem sonnigen Tag also saßen wir zur Mittagszeit an einem der Tische vor dem Café Lok in Rosenheim, auf einem weitläufigen Platz mit Lamas in poppigen Farben und warteten auf ein peruanisches Nationalgericht, das wir bei dem türkischen Kellner bestellt hatten. An einem Nebentisch nahmen drei auffällig unauffällige Damen und ein ebensolcher Herr Platz. Sie wollten eine Tasse Kaffee und ob es Kuchen gäbe? Sie hatten anscheinend Formblätter auszufüllen und waren irgendwie darüber irritiert, so wie Menschen, denen man Dinge abverlangt, die nicht zu ihren Pflichten gehören. Kuchen gab es keinen, es blieb bei Kaffee und Formularen. Nach und nach füllten sich alle Tische ringsum mit Schulklassen etwa 13 jähriger Mädchen, die zu den Lehrkräften mit dem Kaffee und den Formularen gehörten. Da sah nach einem guten Geschäft für den Wirt aus, jeder einzelne Tisch  vor dem Café war bis auf den letzten Platz besetzt. Und dann fingen alle  Mädchen an, ihren Rucksäcken Getränke und Speisen zu entnehmen. Konnte das gut gehen?

Den Zustand einer Gesellschaft soll man ja an der Art erkennen, wie Interessenkonflikte ausgeglichen werden. Wird es laut? Kommt es zu Handgemenge? Müssen Ordnungshüter eingreifen?

Rosenheim hat uns beeindruckt. Unauffällig, es schien fast lautlos, wurde von einer Ecke her die Tische geräumt, die Stühle gerückt, die Spuren verwischt. Die Mädchen trotteten Richtung Grünfläche, die Lehrkräfte zogen nach.

Wir kennen das schon, sagte die Bedienung, wir haben das fast jeden Tag. Na ja, früher waren wir ja auch so, aber jetzt sind bald Ferien, die Schulausflüge sind dann vorbei...

Montag, 18. August 2014

Frauendreißiger
15. August, Maria Himmelfahrt, der Frauendreißiger beginnt.

Nach alter Tradition werden an diesem Tag Kräuterbuschen gebunden, Sträuße oder längliche Gebilde, die über Haustür, Stalltür, Garageneinfahrt - wo immer Krankheit, Unfall oder sonstiges Unglück abgewendet werden soll - aufgehängt werden. Die Kräuterbuschen werden aus mindestens sieben verschiedene Kräuter gebunden - und klar, es dürfen auch mehr sein. Ich habe von riesigen Buschen gehört, die sollen 70 verschiedene Kräuter umfasst haben  - mit eigenen Augen habe ich noch keinen solchen gesehen.
Frauendreißiger bezieht sich auf die dreißig Tage zwischen 15. August und 15. September. In dieser Zeit soll die Heilwirkung in den Pflanzen besonders stark sein. Es werden nicht nur Buschen gebunden, sondern auch die letzten Kräuter für Tees und Küchenkräuter geerntet. Falls ihr ein Kräuterbeet habt, denkt daran, euch für die Ernte ein wenig Zeit im Terminkalender frei zu halten.

Jetzt ist auch die Zeit der Frühäpfel, köstliche, fein säuerliche, duftende Apfelsorten, die sich hervorragend für Kompott oder Chutney eignen. Ja, ich gebe zu, es ist Zeit aufwändig Körbe voller leicht angeschlagener Äpfel (da vom Baum gefallen) zu schälen, von ungebetenen Bewohnern zu befreien, klein zu schnippeln und dann auch noch zu kochen. Ich stelle mir dann immer vor, wie köstlich dieses Selbstgemachte schmecken wird, das lässt mich durchhalten.


Hier eines meiner Lieblingsrezepte für Apfelchutney:

  • 3 kg geschälte, klein geschnittene Äpfel
  • 1 Teel. Salz und 4 Eßl Vollrohrzucker oder 2 Eßl Agavendicksaft
  • mit ca 2 Tassen Wasser in einem Topf erhitzen und bei kleiner Flamme köcheln lassen.


In einem kleinen Topf 2 Eßl Ghee (ayurvedisches Butterfett) wahlweise geht auch Rapsöl (Ghee schmeckt besser!)

  • 2 Teel. rosa Pefferkörner
  • 2 Teel. grüne Pfefferkörner
  • 2 Teel. Kreuzkümmel (ganze Körner)
Die Körner in einem Mörser grob vermahlen, sowie
  • 2 Eßl. sehr fein gehackter, frischer Ingwer
  • 2 Teel. Curcuma
  • 1 Teel. Kardamom

kurz anrösten und dann unter die Äpfel mischen.

Das Obst immer wieder umrühren bis die Äpfel weich gekocht sind. Das fertige Chutney in Schraubgläser abfüllen, umgekehrt auf dem Deckel stehend auskühlen lassen. Das Chutney eignet sich nicht nur zu indischen Gemüse- und Fleischgerichten, sondern auch zum Frühstück als würzige Beigabe zu Porridge, oder anderen Getreidebreis.
Guten Appetit!
Hier noch eine gute Bezugsquelle für Ghee:
www.bzo-shop.de/basisoele/18/ghee-bio



Mittwoch, 13. August 2014

Die fünfte Jahreszeit

August - in der östlichen Heilkunde bekannt als fünfte Jahreszeit. In unserem Kulturkreis sprachen wir von Altweibersommer - heute ein etwas anrüchiges Wort. 
Gehen wir zurück in die alten Mythen und Sagen, in die Zeit des Matriachat, finden wir das Schnitterinnenfest: Mitte August gehen drei schwarz gekleidete Frauen auf die Kornfelder und setzen den ersten Schnitt. Es ist Zeit Abschied zu nehmen vom hohen Sommer, die Tage werden kürzer, die Nächte kühler und eine kaum merkliche, sanfte Wehmut liegt in der Luft.
Was hat dies alte Bild uns heute noch zu sagen? Kennt ihr es auch, dass gerade jetzt, wo der Sommer gefühlt erst richtig anfangen sollte, wir uns körperlich nicht so richtig auf der Höhe fühlen, leicht reizbar oder traurig sind...
Klar es gibt immer eine Erklärung: Zuviel Stress - jede Menge Urlaubsvertretungen -  eigene Reise vorbereiten - Kinder in Ferien, die gelangweilt herumhängen - so schwierig jemanden geschäftlich zu erreichen - alle sind, außer mir, in Urlaub... 
Aber so ganz tief unten fühlen wir: auch dieser Sommer hat seinen Zenit überschritten, geht vorbei und unerbittlich rückt die dunkle Jahreszeit näher.


So, genug der Schnitterinnen-Kontemplation. Ich habe die letzten Wochen genutzt, ein paar wertvolle Tipps für Euch zu sammeln.
Für alle, die noch eine Reise vor sich haben, ein kleines Büchlein als Begleitung. Ich schätze es sehr, vor allem, wenn ich im Hotelzimmer mein morgendliches Yoga machen will und bisher nicht so recht  wusste, wie ich auf beschränkten Platz oder auf Teppichböden, die viele Füße getragen haben, mein geliebtes Sonnengebet machen soll. Die hier angegebenen Yogaübungen benötigen kaum Raum und lockern die durch ungewohnte Matratze ächzende Wirbelsäule hervorragend. Neben Yoga findet ihr noch viele weitere gute Tipps in:
"Gute Reise und was zum Wohlfühlen dazugehört" von Adelheid Ohlig, Nymphenburger Verlag.


Falls Euch, wie mich in der vergangenen Woche, eine "Sommerinfektion" erwischt hat, der Hals kratzt und die Stimme versagt, Gurgeln mit einer 1,5%igen H2O2 Lösung (in der Apotheke anfertigen lassen). Das killt auch den aller letzen Bazillus, hilft schnell und nachhaltig und ist Nebenwirkungsfrei (wusstet ihr, dass H2O2 vom Menschlichen Körper selbst hergestellt werden kann, z.B. eine befruchtete weibliche Eizelle verströmt H2O2 um weitere Spermien dankend abzuweisen). Woher ich diese Weisheit habe? Diese und noch viele weitere wertvolle Informationen findet ihr in dem Buch:
 "Wasserstoffperoxid: Das vergessene Heilmittel" von Jochen Gartz, Verlag MobiWell

Und da ich gerade dabei bin Buchtipps zu verteilten: 
An Alle, die mich nach alchemistischer oder spagyrischer Literatur fragten, insbesondere nach Büchern von Alexander von Bernus, hier ein Antiquariat, in dem ihr fündig werdet:
Antiquariat und Verlag 
Martin Klaussner
Hornschuchpromenade 17, in 90762 Fürth
Tel. 0911/709331   FAX 0911/709341
E-Mail: MartinKlaussner@antiquariat-klaussner.de

Ich wünsche Euch von Herzen noch einen schönen Restsommer





Montag, 28. Juli 2014

Randnotiz: Schlüsselerlebnisse


Es war schwül. Einer dieser Tage an dem man fröstelnd im Bad steht, sich entsprechend kleidet und sich am Abend am ganzen Körper pappig fühlt. Das Tweed Jackett  zum Beispiel, welcher Teufel hatte mich da geritten dieses Ding anzuziehen?
Vormittags im Hotel hatte uns die Rezeptionistin den Schlüssel ausgehändigt zum Vortragssaal. Aufgesperrt, Schlüssel in die Jackentasche, Stühle gezählt, mit der Liste verglichen, sind die Kisten mit den Unterlagen da? Wo soll der Tisch hin, wo die Barrikade für den Empfang – ich meine, hast Du schon mal gesehen wie manche Leute reinkommen? Wenn Du die nicht einfängst ist die Bude voll und die Anwesenheitsliste gähnt Dich an. Das ist dann fast so, als hätte die Veranstaltung gar nicht stattgefunden. Kisten hier hin, Jacke ausziehen, Kisten dorthin. Steckdosen? Kabel mit Gaffa Tape fixieren sonst bricht sich noch jemand die Knochen – oder die Referentin legt einen Slapstick hin -  vom Elektronikschrott mal ganz zu schweigen. Sind genug Handouts da, wo bleiben die Tagungsgetränke? Neigt der Service eventuell zu Schichtwechsel-Amnesie und vergeigt uns die Pause? Eines ist sicher: Gegen niedrige Blutzuckerpegel hilft nur Blechkuchen und Butterbrezen. Steht das nicht parat, hilft nur noch Nr. 14 in Akutdosierung.

Irgendwann steht das eine, liegt das andere, ist verzurrt, eingestöpselt und abgesprochen. Der Saal füllt sich, man schüttelt sich zurecht und der Vortrag beginnt.

Dann kommt dieser magische Moment, an dem der Beamer erlischt, die Tagungsgetränke und der Saal geleert und nur noch hier oder dort im Gespräch versunkene Menschen wie im Stühlemeer gestrandet ausharren. Kisten aus den Verstecken hervorgeholt, Kabel aufgewickelt, Gaffa Tape abgelöst, Jackett wieder angezogen, zum Auto, Jackett ausgezogen, losgefahren. Habe Nürnberg fertig, mache Regensburg.  Andere Stadt, anderes Hotel, andere Rezeption. „Hier ist Ihr Schlüssel zum Tagungsraum.“ Sagt sie, „Danke.“ Sag ich, Schlüssel in die Jackentasche… „Ja wer bist Du denn?“

Und da hat mir dieser Schlüssel erzählt, wie langweilig es ihm war. Nie kam er irgendwo hin, immer nur Schublade Rezeption, Schlüsselloch Tagungsraum, Schublade Rezeption. Heute hatte er dieses gewisse Kribbeln gespürt, das er eigentlich gar nicht kannte. Dieses Tweed Jackett hatte etwas, es war wie ein Versprechen. Die große weite Welt jenseits dieses Nürnberger Hotels - plötzlich schien sie in Reichweite. Erst war es ein banges Hoffen, aber dann verdichtetes es sich zur Gewissheit. Spätestens als er im Auto unterwegs war - da wusste er, dass sein Leben für immer ein anderes sein würde. Er würde etwas von der Welt sehen, er hätte seinen Kindern etwas zu erzählen und die wiederum den Enkeln.

Okay, sagte ich, es ist nicht viel was ich für Dich tun kann, weißt Du? Aber gut, ich zeigt Dir mal den Tagungsraum von diesem Hotel in dieser Stadt, nein, das Schlüsselloch geht leider nicht, es wäre unpassend - sag ich mal. Ich zeig Dir auch die Aussicht aus dem Fenster und die Rezeptzionistin von hier. Dann suche ich Dir einen hübschen Umschlag und Du machst eine Reise nach Nürnberg. Mit der Post, das ist spannend, sage ich Dir. Die haben da so eine Art Achterbahn wo die Briefe sortiert werden. Nein, es tut nicht weh, schau her, der Umschlag ist ganz weich gepolstert. Und die Dame in Nürnberg hat schon nach Dir gerufen, sie vermisst Dich. Also, leb wohl kleiner Ausreißer, wer weiß eines Tages vielleicht, nimmt Dich jemand mal auf eine wirklich große Reise mit...  -dc-

Sonntag, 27. Juli 2014

Durch Bayerns Nord-Osten

Die vergangene Woche, angefüllt mit vier Seminarvorträgen, zieht vor meinem inneren Auge vorüber wie ein Zeitraffer Film durch vergangene Jahrhunderte.

Dienstagmorgen Türkenfeld:
Auto gepackt, Navi eingestellt,Wasserflasche und Brotzeit griffbereit und los geht es nach Nürnberg. Geduldig erleben wir den morgendlichen Berufsverkehr um München, für mich eine wichtige Übung, um in großer Dankbarkeit weiterhin meine Praxis von zuhause aus zu führen. Von Nürnberg erleben wir dieses Mal nur die moderne Hotelseite mit freundlichem Personal, technisch perfekter Einrichtung und gut funktionierender Klimaanlage, die selbst bei fast 100 Zuhörenden die Luft im Raum noch einigermaßen erträglich sein lässt. Das mittelalterliche Nürnberg mit Albrecht Dürer Haus, St.Lorenzkirche, die schönen Brunnen... das blieb für uns an diesem Tag verborgen - nach dem Vortrag ging es zurück auf die Autobahn.

Mittwoch Regensburg:
Vom Inselhotel Sorat aus hatten wir schon am frühen Morgen einen bezaubernden Blick auf Dom und Donauufer mit mittelalterlichen Häusern und Häuschen. Die Sonne brannte den ganzen Tag herab und ich bin den Teilnehmenden dankbar für ihre Disziplin während des Nachmittag-füllenden Vortrages. Mit Hilfe des Energie-Raumspray, viel Wasser und Tee wurde selbst bis 18.30 Uhr die Konzentration gehalten. Und danach? Zurück auf eine dicht mit Laster überfüllte Autobahn nach Passau.

Donnerstag Passau:
Dreiflüssestadt - direkt am Zusammenfluss von Ilz, Donau und Inn liegt das Altstadthotel - unser nächster Seminarort. Am gegenüber liegenden Hügel beeindruckt die früh-mittelalterliche Veste Oberhaus und lenkt Teilnehmende, die einen Fensterplatz ergattert haben, immer wieder von der Projektionsleinwand ab. Kann ich gut verstehen! Dennoch, auch hier bei schwülen, sommerlichen Temperaturen disziplinierte Teilnehmende - herzlichen Dank an Euch alle! Und weiter geht es am frühen Abend nach Rosenheim.

Freitag Rosenheim:
Das Crombach Hotel bietet einen schönen Vortragssaal mit Park-Blick - hoher Raum, große Fenster, schattig gelegen - das lässt uns den letzten, schwülen Seminartag leichter verkraften. Einige Teilnehmende kommen aus dem Salzburger Land, dem Inntal, dem Umland und einige sogar aus Rosenheim. Alle machen hoch motiviert mit, kennen die Thematik z.T. schon aus den Jahren zuvor, wollen ihr Wissen vertiefen. Andere springen neu auf, haben von diesen Seminaren gehört, wollen ihr Therapieangebot erweitern. Am Abend gehen wir alle dankbar in das vor uns liegende Wochenende.

Rosenheim-München, das war an diesem Abend die richtige Routenwahl! Auf der Gegenspur bis Holzkirchen stop and go, und zwischendurch kein fließender, nein, stehender Ferienverkehr - dreispurig. Ich wünsche allen dort drüben auf der anderen Seite ein gutes Ankommen am Urlaubsort und schnelle Erholung!



Sonntag, 20. Juli 2014

Kreistanz im Verborgenen

Ja, gestern war es heiß, ein Juli-Samstag von dem wir an Wintertagen noch träumen werden. Die Zufahrtsstraßen zu den bayrischen Seen - alle verstopft - Menschen die mit Auto, Motorrad oder Fahrrad zum kühlenden Nass drängeln. 
Wir schleichen uns auf Nebenwegen durch die Hügel zwischen Ammersee und Starnberger See. Kreistanz, ist das nicht eine etwas verrückte Idee bei dieser Hitze? Um einige Stunden an diesem, für mich schönsten, Platz in Bayern zu verbringen, würde ich bei jedem Wetter fahren. Und im Kreis tanze ich dort schon über zwölf Jahren, zwar nur wenige Male im Jahr, so wie es mein Terminkalender eben zulässt.

Es war ein traumhaft schöner Nachmittag. Ursula, die den Hof leitet, hat die Wiese unter den hohen Bäumen mit der Sense für uns frei geschnitten - ungeachtet ihrer über 70 Jahre! Danke Ursula, Du hast den perfekten Tanzplatz im Hochsommer geschafften. Kühlender Windhauch aus dem tief im Wald liegenden Bach streifte immer wieder unsere heißen Waden und die schweißnasse Stirn. Reichlich gefüllte Wasserkaraffen aus der Hof-eigenen Quelle stillt den Durst und all die Köstlichkeiten aus den Küchen der Teilnehmenden lässt die Tanzenden immer wieder Kraft tanken. 
Es war ein Nachmittag der sich tief in meine Seele eingeprägt hat, von dem ich noch lange zehren werde und den ich mit diesem Foto mit Euch teilen will.


Donnerstag, 17. Juli 2014

Tipps für den Praxisalltag


Nun, nach einer Woche Urlaub hat mich - welche Überraschung - der Praxisalltag eingeholt. Dennoch, zwischen all den Mails, Telefonaten und Patiententerminen möchte ich allen Kolleginnen, Kollegen und medizinisch Interessierten folgende Links nach YouTube zu den Themen Placeboeffekt, Noceboeffekt und Epigenetik auflisten:

Vortrag Prof. Harald Walach:
Sendenung "Quarks&Co." - Der Nocebo Effekt:
Interview Prof. Dr. Johannes Huber zur Epigenetik:

Kann gut sein, dass ihr diese Filme schon kennt - falls nicht - viel Freude beim Anschauen und vor allem auch die Zeit dazu.
Bis bald  CC

Montag, 14. Juli 2014

Reise in eine Zeitfalte

Endlich haben wir die laute, hektische, nervige Autobahn zwischen Verona und Mailand hinter uns. Bergamo, dessen Altstadt wie ein gemalter Traum auf dem Hügel liegt,

Bergamo - das ist die Ausfahrt aus dem Alltag hinein in die Val Brembana, einem Berg Tal voller Heilquellen (S. Pellegrino), dichter Wälder, gutem bodenständigem Essen (Tallegio-Käse, Pizzocheri, köstlicher Apfelkuchen) und vieler, vieler Heilkräuter.
Wir übernachten in einem einfachen Gasthaus, uns gut bekannt aus früheren Aufenthalten, heute nicht mehr empfehlenswert, da zu kühl und feucht. Da hilft auch gutes Essen nicht, wenn man danach unter ein klammes Leintuch schlüpft, dicke Wolldecken auflegt und dennoch die Nacht mit Zähneklappern im Juli verbringt.
Die sonnigen Tage in den umliegenden Bergen entschädigen uns reichlich.

Der Höhepunkt unserer Reise ist auch dieses Mal wieder der Besuch des Heilkräuergartens von Soluna. Gianfranco, der Gartenalchemist, nimmt sich viel Zeit für uns, zeigt uns die alten Rosensorten, die hier gut gedeihen und traumhaften Duft verbreiten. Eine neu errichtete Umzäunung schützt die Sträucher vor Verbiss durch Gämsen, die auf den Geschmack gekommen sind. Im kleinen, hölzernen Oktagon am Hügel reifen in bauchigen Gläsern die Öle zur Kosmetikherstellung Rose, Lavendel, Kamille, Calendula, Melisse…

Im neu angelegten Teil des Gartens wurde Platz für die „großen“ Heilpflanzen geschaffen, die weit ausladend sind oder hoch hinaus wollen, wie z.B. die Mariendistel oder der Erzengelwurz.
Nach dem Gartenrundgang durften wir noch Kostbarkeiten im alten Steinhaus erschnuppern, wie das Sonnenelexier und das Mondelixier, Tinkturen, gewonnen aus Pflanzen, die diese Kraft besonders deutlich in sich tragen und in die entsprechenden Cremes eingearbeitet werden. Ein spannendes Erlebnis und drei Stunden volle Konzentration.


Die Heimreise wählten wir über den S. Marco Pass und den Splügen. Sicher das Hinauf- und  gleich anschließende Hinunterfahren fordert Fahrer und Beifahrer gleichermaßen in punkto Geduld und Anpassungsfähigkeit wechselnder Höhenmeter. Aber es lohnt sich allemal, grandiose Natur, klares Erkennen unterschiedlichen Lichtes auf der Alpensüd- und Alpennordseite, Stille und ebenso laut röhrende Motorradfahrer und Autofahrer mit ausgeprägt sportlichem Anspruch.

Fazit: eine Woche voll schöner, mannigfaltiger Erlebnisse, guter Luft, klarem Wasser, deftigem Essen und ein dankbares Nachhause kommen ins eigene, warme Bett. 

Freitag, 4. Juli 2014

Seminarnachmittag im "Mutterhaus"

Vergangenen Mittwoch, 2. Juli, fand das Intensivseminar zu den Solunaten in Donauwörth - sozusagen im Mutterhaus der Solunate statt. Für alle die Soluna kennen und schon lange neugierig auf das neue Laboratorium sind, hier ein Foto:

In den nächsten Wochen findet der Umzug aus dem alten Labor des Alexander von Bernus in ein durch und durch modernes Gebäude statt. Dennoch: altes Wissen um harmonisches Maß und heilsamer Rhythmik hat sich hier harmonisch mit heutigen Baustil verbunden - inclusive großem Parkplatz mit Lavendelstauden und Ziergras.
Auf dem Foto seht ihr das Verwaltungsgebäude, rechts den Zugang zum Labor - das Labor selbst?... bleibt noch ein kleines Geheimnis.
Nächste Woche bin ich dann mal weg - lasst Euch überraschen, was ich Euch aus der Urlaub-Schattenblütenzeit mitbringe.

Montag, 30. Juni 2014

Randnotizen: Stau auf der A8

  Nun gut, ein Stau auf der  A8. Soweit nichts neues, der Sprit ist etwas knapp, also raus bei der Tankstelle Gruibingen. Der Preis für Diesel: astronomisch, wie auch anders. Für  30 € aufgefüllt, wir wollen ja nicht auch noch im Stau mit leerem Tank liegen bleiben. Als wir von der Raststelle weg wollen, steht die ganze Auffahrt voll und nichts geht mehr. Die Polizei weis was sie zu tun hat: alle Schleichwege von der Raststätte sind gesperrt, wer sich durchmogelt wird gefilmt und kriegt Post von der Behörde. Wer sich darüber aufregt, hat nicht verstanden, wozu eine Behörde existiert. Es geht um Verwaltung - von was auch immer. Wenn da ein Stau ist, wird dieser verwaltet, also gefilmt und die Bilder vermarktet. Eine effiziente Behörde zeichnet sich dadurch aus, dass sie ihre Aufgabe reibungslos und  - wenn möglich - profitabel erledigt.
Und wir: alles easy, wir sind ja digital mobil. In die Raststätte rein, zwei Cappuccinos, Notebooks raus, mobiler Hotspot an und einfach Bürokram abarbeiten, irgendwann wird dieser Stau, ca. 2 km vor der nächsten Abfahrt, sich aufgelöst haben. Die mobile Verbindung ist gut, die Daten kommen zäh. Stau auf der Datenautobahn. Wir können förmlich die mobilen Gespräche hören: „Du hör mal, ich steh da gerade im Stau, es wird wohl später….“ Aus jedem einzelnen Auto, jedem LKW der da im Stau steht. Tausendfach, Gruppenschicksal. Aber Moment mal – standen wir vor einem Jahr nicht auch schon genau in so einem  Stau hier? Hey, schau mal, da steht Feng-Shui Rasthaus Gruibingen! War Feng-Shui nicht diese chinesische Baukunst die besonders auf den ungehinderten Energiefluss achtet? Da hat einer sein Energiependel falsch rum gehalten und jetzt gibt es hier regelmäßig Stau, klarer Fall.
Wir waren früh losgefahren aus Ettlingen. Diesem beschaulichen Ort, satt und zufrieden am Flüsschen Alb gelegen. Die Altstadt proper, Blumen auf dem Wehr, an den Brückengeländern. Menschen in der Dämmerung auf der Straße, rauchend, vor den Kneipen, Gläser in der Hand– „ins Bett“, „Zum Sternen“ oder einfach „Irish Pub“ steht über den Türen. Dann dieses schmale Haus, kaum 2 Meter breit, eine schmale Gasse getrennt von dem anderen Haus, in dessen Schatten es sich duckt. Kann man in so einem Haus wohnen? Jedenfalls brennt Licht in dem einen Fenster.
Am Panoramaweg über Ettlingen stehen Villen, deren Garagen vergleichsweise Paläste sind, die Einfahrtstore breit genug jenes Häuschen ganz zu verdecken. Schmiedeeisen mit vergoldeten Verzierungen, gepflasterte Auffahrten, hohe Bäume und irgendwo dahinter von Eibenhecken gesäumte Gärten, vermutlich auch ein geräumiger Wohnsitz – sehen tut man davon nicht viel, man ahnt es mehr. Eine stille Gegend, schwere Wagen in gedeckten Farben parken auf den Straßen – vermutlich die Verwandtschaft zu Besuch. Sehr ruhig alles, ein Film ohne Tonspur. Wir zweigen in eine Lücke zwischen den Sträuchern ab – ob man das darf? Ein Pfad schlängelt sich zwischen zwei verwitterten Maschendrahtzäunen. Kleine Gärten liegen hier am Hang. Alle eingezäunt, zwischen den Zäunen ein schmaler Pfad, gerade breit genug für einen Fußgänger. Eine andere Welt, ein Paralleluniversum, eines mit Vogesenpanorama in diesem Fall.
Gruibingen: Irgendwann ist auch die letzte Email beantwortet, der Kaffee kalt und der Stau noch länger geworden. Also suchen wir uns eine Lücke in dem Blechwurm, der sich an der Raststätte vorbei windet. Menschen im Stau neigen dazu, ihr wahres Gesicht zu zeigen, im Straßenverkehr sowieso, aber im Stau besonders. Manche ergeben sich wie Schafe in ihr Schicksal, manche versuchen das Beste daraus zu machen – etwa einen kleinen, steifbeinigen Spaziergang auf der Autobahn, den schmerzenden Rücken etwas entlasten. Dann diejenigen, die möglichst keine Lücke offen lassen, es könnte sich ja jemand hineindrängeln und diejenigen, die just in diese nicht vorhandenen Lücken hineinwollen. Zum Beispiel dieser gelbe Lastwagen neben uns und der silberne Kombi hinter uns. Der Blechwurm windet sich voran, wir hören ein hässliches Geräusch, sehen eine silberne Radzierblende an uns vorbei auf die Autobahn rollen. Gehört die etwa uns? Kann nicht sein, es war nicht laut genug, es hat nicht geruckelt, und Radzierblenden haben wir auch keine. Puuh! Jetzt sind wir nicht weiter neugierig, wie die Geschichte dort hinten ausgeht, vermutlich wird es erst laut und dann teuer – Blechschäden haben das so an sich. Wir fahren in die neue, geräumige Lücke, halten den Anschluss an die weiterziehende Karawane.
Nach dem Tunnel, hinter dem Hügel die Ausfahrt, die Fahrzeuge alle in einer langen Kette auf der Landstraße aufgereiht. Aber es läuft und das ist schon fast eine Erlösung. -dc-