Montag, 1. Dezember 2014

Am Fenster


Herbstgarten – die Blätter des Haselstrauches liegen wie Golddukaten im noch grünen Gras, darunter verborgen viele, viele Haselnüsse. „Unser“ Buntspecht weiß das, besucht uns regelmäßig in den kurzen Herbst- und Wintertagen, um seinen Speiseplan damit zu füllen. Am nahe stehenden Birnbaum hat er im Stamm ein praktisches Astloch gefunden, musste sich nicht selbst bemühen. Hier wird die Nuss eingeklemmt, mit gezielten Schnabelhieben, Geräusche wie ein Schlagbohrer, geknackt. So geht dies Tagein, Tagaus und langsam wächst das Nussschalenhäufchen unterm Baum zu einem kleinen Berg.
Auch heute nutze ich die Zeit zwischen zwei Patienten, stehe am Fenster, beobachte Rotkäppchen, wie ich unseren Specht getauft habe. 
Und da kommt sie. Ein großer schwarzer Schatten, fliegt zielsicher das Fußende des Birnbaumes an, plustert sich zur vollen Größe auf – die Elster. Rotkäppchen fliegt erschrocken in die Baumkrone und von dort aus in den großen Haselstrauch, verbirgt sich unter den letzten, noch dünn belaubten Zweigen.
Elster klettert den Birnbaumstamm hoch – wusste gar nicht, dass Elstern dies können - zielsicher zum Nussknackerloch, stibitzt sich die geknackte Nuss, und verschwindet in Nachbars Garten. Ein kurzes heißeres Keckern: „Und wann knackst Du die nächste Nuss?“ und das kurze Herbst-Schauspiel ist vorbei.

Es läutet – ich öffne dem nächsten Patienten die Türe….

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