Samstag, 27. Dezember 2014

Alles Gute zu den Feiertagen und den 12 Raunächten


Eine alte Freundin schenkte mir vor Jahren ein selbst gebasteltes Buch zu Weihnachten. Sie hat darin alte Bräuche aus Bayern und Österreich zu "den Zwölfen" gesammelt und aufgeschrieben. Es sind die Nächte zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar. In manchen Gegenden werden die Rauhnächte schon ab dem 21. Dezember, dem Tag der Wintersonnwend gefeiert.
Die dunkelsten Tage des Jahres werden auch heute noch von magischen Gebräuchen umrankt bewusst oder unbewusst. Denken wir nur an all die vielen Lichterketten, Weihnachtsbäume, all die leuchtenden Sterne, Rentiere, Weihnachtsmänner die Häuser und Gärten schmücken.  Die Wiedergeburt des Lichtes, der Fortgang des Lebens, das sich Abgrenzen von dunklen Mächten war und ist ein Grundbedürfnis der Menschen hier in Europa und Nordamerika in dieser besonderen Zeit.

  • 25. Dezember, Christtag
Im Chiemgau bemühten sich die Menschen möglichst drei Messopfern beizuwohnen. Dem Kirchenbesuch folgte ein festliches Mahl mit Schweinsbraten. Ärmere Familien, die selbst kein Schwein schlachten konnten, taten sich zusammen und schlachteten zum gemeinsamen Verzehr eine Kuh.
  • 26. Dezember, Stephans-Tag
Dieser Tag, dem Hl. Stephanus geweiht, galt einst als großer Pferde-Tag mit Pferde-Umritten und Pferde-Weihen, Erinnerung an die Schimmelopfer zur germanischen Julzeit.
  • 27. Dezember, Johann der Evangelist
Früher reichte der Priester am Johannistag am Ende des Gottesdienstes den Kirchenbesuchern einen Kelch mit Wein, dem Johannistrunk. So wie der Giftbecher dem hl. Johannes keinen Schaden brachte, so soll der Johannistrunk, jedem der ihn zu sich nahm, das Jahr über vor schädlichen Einflüssen, bösem Zauber und Blitzschlag schützen.
  • 28.Dezember, Tag der unschuldigen Kinder
Im Bayrischen suchten an diesem Tag die Dorfburschen mit einem Zweig, möglichst von einem immer grünen Baum, allen jungen, weiblichen Wesen, denen sie begegneten, an die Beine zu schlagen. Dies nannte man das "Kindeln". Es ging dabei um einen alten, germanischen Fruchtbarkeitszauber. Man glaubte, die dem Zweig inne wohnende, treibende Kraft auf die Person zu übertragen, die man damit berührte.

  • 29. Dezember, fünfte Rauhnacht, die Nacht der wilden Jagd
Nach alt-germanischem Glauben stürmt in dieser Nacht am Himmel die wilde Jagd durch die Nacht. Angeführt von Wotan, der einen Schimmel reitet, folgt ihm das Heer der Toten, gefolgt von den Unholden und Nachtalben. Wer das "wuide Gjagd" über sich hinwegbrausen fühlt, muss sich auf den Boden werfen, das Gesicht der Erde zugekehrt, die Arme kreuzweise hinter dem Kopf verschränken und die Beine kreuz-artig übereinander schlagen - so kann er/sie sich retten (wovor auch immer).

  • 30. Dezember, sechste Rauhnacht, die Percht geht um
Haus und Hof müssen jetzt aufgeräumt sein. Es dürfen keine Gerätschaften im Freien herumstehen, alles muss unter Dach und Fach sein. Frau Percht, oft als Wotans Frau gedeutet, schaut nach liederlichen Frauen und unguten Kindern. Frauen dürfen an diesem Tag das Haus nicht verlassen. Noch um 1900 hätte ein Mädchen an diesem Tag seinen Liebsten, der zum "Kammerfensterln" kam, das Fenster nicht geöffnet.
  • 31. Dezember, Silvester
Um 1900 war es zwischen Salzach und Inn noch Brauch in der Silvesternacht Brot und Salz für das junge Jahr auf den Tisch zu legen. Oft lag neben dem Brot auch ein Messer, als Aufforderung an die guten Hausgeister zu essen, sich wohl zu fühlen und zu bleiben. Außerdem wurde die Haustüre in dieser Nacht dem alten Jahr zum Fortgehen weit geöffnet.
  • 1. Januar, Neujahr
Im Chiemgau ging es beim Neujahrswünschen darum, dem anderen das neue Jahr abzugewinnen. Es kam bei einer Begegnung darauf an, als erster zu sprechen, dann hatte man das neue Jahr gewonnen. Es gab auch das "Krageln", eine etwas heftiger und fragwürdiger Glückwunsch-Brauch. Der "Glücksbringer" schlicht sich von hinten an, umschloss mit beiden Händen den Hals des Anderen und drückte immer fester zu. "Was gibst mir, wenn ich Dir Glück wünsche?" sagte er dabei...
  • 2. Januar, die neunte Rauhnacht
Jede Tätigkeit, die eine Drehbewegung voraussetzte, war an diesem Tag verboten. Keine Spule, kein Spinnrad durfte sich bewegen, kein Bauer drosch Korn, denn er hätte dabei mit dem Dreschflegel kreisend Schwung holen müssen. Es durfte mit dem Schlitten ausgefahren werden - aber nicht mit dem Wagen.
  • 3. Januar, die zehnte Rauhnacht
Wer sich am heutigen Tag auf einen Tisch setzt, bekommt einen Furunkel.
  • 4. Januar, die elfte Rauhnacht

Mit dem Gebetläuten am Abend musste jede Tätigkeit im Hause ruhen. Kühe durften nicht mehr gemolken werden, da die Milch sonst der Hexe gehört. Kein Kartenspiel durfte angerührt werden. Alles "Unerlöste" war jetzt zur Fahrt auf die Erde losgelassen.

  • 5. Januar, die zwölfte und letzte Rauhnacht
Nur Weihrauchduft oder das Andreaskreuz an der Haustüre konnte in dieser Nacht die bösen Geister, die Hexen, die Unholde abhalten.

In der alte Zeit ruhte in den "Wihe-Nächten", wie die Rauhnächte auch genannt wurden, jede Fehde und es durfte nicht Gericht gehalten werden. Wer an die Tür klopfte, dem wurde geöffnet, denn in diesen Tagen weilten die Himmlischen unter den Irdischen

In allen zwölf Rauhnächten wurde kein Brot gebacken, denn es hätte nicht gesättigt. Niemand wusch in diesen Tagen Wäsche, noch wurde Wäsche über den Zaun gehängt - sonst kam die Percht und holte im kommenden Jahr  jemanden aus der Familie ins Seelenreich.
Diese zwölf Nächte erfüllte die Menschen der alten Zeit mit Angst und zugleich mit Hoffnung: Die Fluren über die das Geisterheer, die wilde Jagd hinweg fuhr, wird im neuen Jahr reiche Ernte bringen...

Und hier meine Lieblingsgeschichte aus keltischer Zeit:
Drei Tage vor der Wintersonnwend, also am 18., 19. und 20 Dezember, fasteten alle Menschen, so geht jedenfalls die Sage. Sie wollten sich leicht machen, damit sich die Erde wieder der Sonne zuwenden kann.
Am 21. Dezember versammelten sie sich vor einer Höhle, von der bekannt war, dass am Mittag die Sonne ihre schwachen Strahlen auf den Höhleneingang fallen lässt. Zu diesem Zeitpunkt tritt eine junge Frau aus der Höhle mit einem Säugling auf dem Arm, dem Urbild für junges Leben.

Und wusstet ihr, dass jetzt in dieser dunklen Zeit, die wilden Früchte des Waldes, wie Eicheln, Haselnüsse, Bucheckern zu keimen beginnen - junges Leben zu pulsen beginnt?

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen einen guten Jahresabschluss mit Zeit für Waldspaziergänge, Zeit für Seele und Gedanken baumeln lassen, Zeit um Neues und Junges ins eigene Leben einzuladen.

Montag, 1. Dezember 2014

Am Fenster


Herbstgarten – die Blätter des Haselstrauches liegen wie Golddukaten im noch grünen Gras, darunter verborgen viele, viele Haselnüsse. „Unser“ Buntspecht weiß das, besucht uns regelmäßig in den kurzen Herbst- und Wintertagen, um seinen Speiseplan damit zu füllen. Am nahe stehenden Birnbaum hat er im Stamm ein praktisches Astloch gefunden, musste sich nicht selbst bemühen. Hier wird die Nuss eingeklemmt, mit gezielten Schnabelhieben, Geräusche wie ein Schlagbohrer, geknackt. So geht dies Tagein, Tagaus und langsam wächst das Nussschalenhäufchen unterm Baum zu einem kleinen Berg.
Auch heute nutze ich die Zeit zwischen zwei Patienten, stehe am Fenster, beobachte Rotkäppchen, wie ich unseren Specht getauft habe. 
Und da kommt sie. Ein großer schwarzer Schatten, fliegt zielsicher das Fußende des Birnbaumes an, plustert sich zur vollen Größe auf – die Elster. Rotkäppchen fliegt erschrocken in die Baumkrone und von dort aus in den großen Haselstrauch, verbirgt sich unter den letzten, noch dünn belaubten Zweigen.
Elster klettert den Birnbaumstamm hoch – wusste gar nicht, dass Elstern dies können - zielsicher zum Nussknackerloch, stibitzt sich die geknackte Nuss, und verschwindet in Nachbars Garten. Ein kurzes heißeres Keckern: „Und wann knackst Du die nächste Nuss?“ und das kurze Herbst-Schauspiel ist vorbei.

Es läutet – ich öffne dem nächsten Patienten die Türe….